Buch Kapitel 5

Nachts im Watt           Trockenfallen

Bleib bei uns denn es will Abend werden, BWV 6, eine der schönsten Musiken von JSB

Plattbodenschiffe sind von unten mehr oder weniger Platt. Deswegen können diese Fahrzeuge problemlos Trockenfallen. Haben keine Angst davor. Kielschiffe hingegen kommen dann in große Not. Laufen voll, wenn das Wasser,  die Flut zurückkomt. An einer Dünungskante werden sie, insbesondere wenn ein Sturm aufkommt, vorher von der Kraft der auflaufenden Welle zerschlagen. See-Notfall wie man jedes Jahr in unserem Küsten-Revier erlebt.

Wenn man abends bei ablaufendem Wasser draussen auf See noch unterwegs ist und noch nicht weiss, wo man hin soll, das Glas  (Barometer) steigt, keine Tornados angesagt sind und nur noch ein laues Lüftchen weht, kann man mit einem Plattboden, weit weg von allen Häfen im Wattenmeer, immer noch  gut  zurecht kommen ohne einen Hafen anzulaufen. Notfalls bei aufkommenden Stürmen findet man im Watt einen relativ geschützten Platz unter einer hohen Sandbank, läst das Schiff einfach trocken fallen und vergräbt dann den Anker fest in den Sand.

Mit Tidenkalender und Karte sucht man je nach Windrichtung einen geeigneten ruhigen Platz für die Nacht unter einer Bank, schmeißt den Anker (Kettenlänge minimal 3x Wassertiefe) raus, und versichert mit Jokel (Maschine) kurz  zurück, ob er hält. Im Fahrwasser eines Prickenwegs trockengefallen erfordert einen Ankerball und nachts ein Ankerlicht. Hier zur Mittsommerzeit unter Baltrum im  flachen Priel trockengefallen. Anker raus und noch mal kurz ins Watt ums Schiff sehen und den Priel zu Fuß erkunden. Hierbei  interessiert vor allem der Pricken-Abstand vom Fahrwasser. In völlig ungekannten wenig befahrenen Revieren, wie z. B. im dänischen Watt mit  unzuverlässigen Seekarten, hab ich früher einen Fender (mit kleinem Klappanker) mitgenommen, um damit die Wasserscheide, d h den Höchsten Punkt, zu markieren.

10 Uhr abends, Mittsommer. Der Anker hält. Einmal um das Schiff gelotet, keine stark abfallende Prielkante, sondern nur gutes ebenes festes Sandwatt gefunden, so daß man sorglos in die Koie kriechen kann, oder gefahrlos noch etwas tiefer in die Rotweinflasche reingucken kann. Natürlich gehört auch hier ein Ankerlicht aufs Vorschiff, wegen der jungen Fischer, die ihr Fahrzeug noch nicht bezahlt haben, weswegen Sie ihre Netze auch nachts durch die kleinen Priele ziehen müssen.

1998 JOHANNA überführung von Heeg, ,Fryslan nach Wischhafen,Elbe, gegen die Tide abends nur bis unter Neuwerk/Elbe geschaft.

Wenn man über Nacht im Watt bleibt, sollte der Schipper seinen Standort mindestens mit Abstand  2 Ankerkettenlängen weg von einer Pricke wählen,  vorausgesetzt ist ein fester Ankergrund und geeigneter Anker. Wir benutzen einen großen schweren immer zuverläßigen Draggen mit 4 festen mittelgrossen Flunken, als Buganker, der über die Winde mit einem sehr effektivem schweren  eisernen Schwungrad mühelos gefiert wird. Einen 2. Anker hab ich im Watt bzw im Tidengewässer selten benutzt, obwohl er immer klariert in einer Backskiste liegt.

Optimaler Ankerplatz unter Neuwerk, Ankerketten länge kürzer als Prickenabstand gewählt.

In meinem ersten (Kimmkieler-) Segler Leben hatte ich ein fürchterlich lehrreiches  Erlebnis unter Juist: Als Ankerplatz gab es damals  ein 2 m  tiefes Baggerloch mit Kleigrund. Es war mit mächtigen hölzernen Dalben an den 4 Ecken markiert

Mit meiner zierlichen Freundin zur Hilfe waren wir mit Abend- Hochwasser vor Anker gegangen; an Land  gab s Haifisch-Steak im feinsten Hotel; bei halber Tide zurück an Bord. Nachts wurde uns dann kotzübel: der Fisch wollte falschen Weg rum wieder  zurück ins Wasser. Außerdem kam Starkwind auf, so das unser Danforth-Anker das hölzerne  Schiff  im weichen Kleigrund nicht mehr festhielt, und den Kimmkieler bedrohlich nahe an die Dalben versetzte. Da das hohe Watt noch nicht erreichbar war,  konnten wir das Baggerloch nicht verlassen, mussten mehrfach vom Legerwall weg verholen . Zum Schluss hatten wir auch zu zweit keine Kraft mehr,  konnten den Anker - mit einem Klei-Balg daran-  nur noch mit Maschinenhilfe ausreissen. Erst morgens um 1oo kammen wir  aus dem "Gefängnis" frei und konnten eine halbe Meile weiter ins flache Watt verholen.

Dort an diesem sicheren Ankerplatz wurden wir dann erneut aus unserem verdienten  Erschöpfungsschlaf geweckt: Neugierige Touries klopften an die hölzerne Bordwand. ALFRED der Wattenführer war hier zugange. Wir sind dann weiter nach Memmertsand. Dort war damals Reiner Schopf der Inselkönig (Vogelwart). Er war zuvor auf Amrum Strandkorbvermieter-Gehilfe. Deswegen durften wir ausnahmsweise Memmert-Sand anlaufen. Normalerweise schoss er mit einer Schrotflinte auf alles was sich seinem Eiland näherte.

 Hier ist er friedfertig beim Küstenschutz auf Memmert-Sand bzw Halm-anpflanzung zu sehen. er beschrieb seine Arbeit als Müllwerker (Strand säubern), Totengräber (verölte Enten), Leuchtturmwärter (Birne auswechseln) und Deichschützer. Das Feuer ist mittlerweile verloschen, der Leuchtturm abgerissen und die Kachelot-Platte mächtig gewachsen, und wird wohl mal die 8. ostfriesische Großbank.Unten mein Kimmkieler

Li: 1981 im Ruderboot, bois de boulonge, Paris .  Re: Kimmkieler OKKO tom BROCK, den ich zunächst in Ostfriesland zusammen mit Leo und der noch ungeborenen Kaike von Emden aus  in Ostfriesland und später  in Elbe und  Nordfriesland gevaren bin. Stehhöhe 140 cm , Klo war die Pütz (Wassereimer). Die Maschine war ein 7 PS Farry-Mann, höllenmässig laut, fuhr aber zur Not kurzfristig selbst mit Speise-Öl. Auf dem Weg von Cuxhafen nach Amrum  hatte sich der Jokel draussen in der Nordsee mit 3 von 4 Schrauben aus dem hölzernen Fundament gelöst. Das Malheur bzw Havarie ließ sich nach Trockenfallen unter Tertius-Sand, Norderpiep, beheben, da ein Kimmkieler mit 2 Füssen stabil auf festem Sandwatt steht. 

Nachts schafften wir es nicht mehr an die Pier, sondern nur noch bis eben in die Mitte  des gut beleuchteten büsumer Stadthafen, ohne Anker zu schmeissen, da die Tide hier in der letzten Wiese ihres Betts kaum noch merklich strömt. Dann 4 Steaks in die Bratpfanne und mit tüchtig Bier gut abgefüllt,  verschlief mein nordseeunerfahrener Mitsegler seine Ankerwache, und das Verholen an die Pier, so daß uns das nächste allererste ablaufende Wasser mitten im Strom treibend, von uns im Alkoholrausch unbemerkt, wieder ins Watt versetzte. Absolute Windstille und spiegelglatte See. Badewanne, Der hohe Schnapspegel vernebelte unser Erwachen. Wir fanden uns frei teibend im Watt.  Seit dieser Erfahrung kommt gleich, noch vor dem endgültigen Trockenfallen, der Anker mit tüchtig Kette dran raus. Bier gibt s erst, wenn alles landklar aufgeschossen ist.

Wärmende Morgensonne, 700 Uhr Mitte Mai,  allein im dänischen  Watt, weit und breit kein Schiff, Ankerlicht brennt immer noch, Lampenöl (gereinigtes Petroleum) besorgt man sich schlauerweise zum wesentlich günstigeren Preis in 5l Topf bei den Schiffsausrüstern in den großen Seehäfen und hat so Brennstoff (Salon-Heizung) für mehr als 1-2 Jahre. Die Petroleumlampe mit geschliffenem u. signiertem Glas hab ich vor 50 jahren am norddorfer Strand angeschwemmt gefunden. Die Kennung F3341 gehöhrt zu einem büsumer Fischer, der diese damals wertvolle Kostbarkeit  im Sturm verloren hatte. Damals konnte ich noch nicht ahnen, daß ich eines Tages auch einen Krabbenfischer (Hoogaars) fahren würde. 

Laternen, Petroleum-Lampen spielten früher als Topp- und PositionsLichter eine große Rolle für die Sicherheit der Seefahrt. Sie wurden deswegen fürsorglich gepflegt und auch regelmässig überprüft. Ihre Fresnel-Linse sorgte für eine maximale Lichtausbreitung (3 sm für Schiffe kleiner 113m Länge; DHI Verordnung von 1958, was etwa einer 8 Watt Glühbirne entspricht).

Windsichere Konstruktion des Brenner im Lampenhaus war ausgeklügelt entwickelt; 8 linige Dochtbreite,  Dochtpflege mit geeigneten Scheren und Rußputzen -Lampentrimm - war unbeliebt. Vor Anker alle 4 std Lampenwache, so  wurde der Generator des Hilfs-Diesel geschont und die Freiwache konnte nachts ruhig schlafen. Die Prüfdaten  waren mit seewasserfester Farbe auf der Linse festgehalten.

Dicht unter der Bank bzw dem Sand  östlich Juist, immer voller Seehunde, läuft meist ein tiefer Priel mit starker Strömung. Schlechter Ankerplatz über Nacht . Tagsüber drohen, stören hier Ausflugsdampfer. JOHANNA läßt sich hier bei Null-Wind  vom Strom treiben. Die Seehunde stört das nicht. Sie haben sich sogar an die hoch motorisierten lauten Motorboote gewöhnt.

 

 

 

Im Watt trockengefallen gehört ein Eimer Wasser an Bord zum  Füsse waschen. Klei ist schlecht für empfindliche Nasen!

Ringfender an der Streichklamp  erleichtert das WiederanBordkommen. Zur Not hat das Ruder 2 Fußklampen.

 

Ende Juni 2013: Trockengefallen bei halber Tide in der Memmertbalje, Abzweig Juistpriel, um ein für die Nacht angekündigtes Sturmtief mit Boen von 9 bft aus sw abzuwettern. Anker mit erst 15m dann 30 m Kettenlänge raus, trotzdem wurden wir dann bei max.2m Tiefe in schlafloser Nacht um  50 m versetzt! Wenn der Anker ausreisst geht ein höllisch bedrohlich lautes Rasseln durchs Schiff

Wenn man im Watt geplant afmeren will finden sich oben im einsamen Segelrevier von Neufundland (Nordfriesland) auch viele schöne auch geräumige Plätze zum Übernachten wie z B hier im Ilef, Nordmarsch/langeness. Wir hatten uns 2006 mit einer ganzen grossen Plattboden -Flotte zu einem gemeinsamen Sommertörn getroffen mit Musik vom Feinsten: Cornelia Samuelis Sopran und Iris am Cello. Normalerweise trifft man auf dem Weg nach Amrum hoch nicht mehr als ein bis maximal 2 Segler.

TROCKENgefallen u. NIX MEHR ZU ESSEN IM WATTENMEER

Jetjes Sand:

Ein für Nordfriesen elend langes Wattenhoch auf dem Weg innendurch von Ameland nach Harlingen.

Angenehmer bzw völlig problemloser Ankerplatz. Schön weich, so daß man trotz des 10 cm Scheg-Kiel- aufrecht liegt.

Hier hält jeder Anker, wie immer nahe der Wasserscheide, da der Gezeitenstrom hier am  geringsten ist.

Wenn man hier erst nachts wieder freikommt, hat man einige blinde - nicht beleuchtete-Tonnen auf dem Weg nach Harlingen auf dem Kurs, so daß einer als Ausguck auf s Vorschiff muß.

Bei aufkommendem Südweststurm hab ich hier mal 1993 (Schokker in Heeg gemietet) mit der kleinen Kaike und zwei Freunden 36std zugebracht, mit 7 Kartoffeln und 4 Rippen Schokolade und 10 Stücken Zwieback als Restproviant für 4 Mann Besatzung und diese lange Zeit. Die Erfahrung, nichts mehr zu essen zu haben, nur weil man damit rechnete, abends wieder im nächsten Hafen zu sein, war für mich nix neues. Die Kinder waren sehr diszipliniert und haben beschlossen den kargen Restproviant erst am nächsten Morgen zum Frühstück zu verspeisen. Die Kids haben jede Kartoffel in zehn Teile zerlegt und die dann einzelnd genüßlich mit Salz zu verspeisen, auf einem Stückchen Schokolade 3 min lang  lutschen. Seitdem varen wir nur noch überproviantiert den Hafen aus (friesischer Sprach-Ductus). 

 

Ebenso wie auf  Terschelling und Ameland gabs am Sonnabend wie bei meiner Oma Oonsaatang, ein heute vergessenes leckeres Mittagsessen mit viel Speck und lecker Sauce. Der  Gericht musste in einer Backform nach nebenan zum Bäcker ( wie eine Fliese stundenlang heissgebrannt) in den grossen Ofen von Enje Bäcker  gebracht werden

 Wenn man einen Mittelkiel hat, ist ungewollt Trockenfallen nicht  gut, wie hier rechterhand  zu sehen die RIGMOR,

ältestes (heute deutsches) Segelschiff in Fahrt, hier allerdings auf Schiet. Sie hatten den Betonnungswechsel der Wasserscheide Süderaue/Norderhever (der Strand) nicht beachtet und waren mit 1,5m tiefem Kiel uns hinterher gesegelt.Es wurde eine schräge Nacht in den Kojen. Die Rigmor wurde einstmals vom dänischen König bezahlt und fuhr damals vor 150 Jahren als Zollkreuzer in den Seegaten vor Amrum. Der letzte dänische und der erste amrumer Kapitän stammt aus dem Matzen Clan. Jacob Matzen (1827-1906)  konnte Sie nach dem Krieg für billiges Geld vom dänischen König erwerben und als Muschelfänger benutzen.  Sie wird heute von einem Verein in Glückstadt/Elbe gut in Schuß gehalten und tüchtig gesegelt. Manchmal hat sie zu viele Kapitäne an Bord. Der Mann an der Giekbaumnock war offenbar zu schlapp.

Segeln im Watt, wohlverstanden mit einem reviergerechten Segelfahrzeug, am Besten Plattboden, Kimmkieler oder Kielschwerter, bedeutet immer Trockenfallen und geeigneten Ankerplatz suchen.

Der Priel sollte die hohe schützende Kante (Bank) an Luv haben. Wenn man einen Seitenarm hoch fährt, ankert man jedoch auch höher, kommt mit der nächsten Tide entsprechend spät, d.h. unter Umständen nahe am Hochwasser oder auch gar nicht mehr, d.h. erst mit dem Abend-HW  wieder los, das bekanntlich in der ersten Jahreshälfte höher aufläuft.

 Wenn man den Priel nicht kennt, ist es immer ratsam vor dem Trockenfallen mit der Piekstange einmal rund ums Schiff zu loten, damit man nicht auf einer schrägen Kante zu liegen kommt und abends die heiße Suppe im Stehen oder an Land auslöffeln muß.

Abendsonne, trockengefallen unter Baltrum, dem flachsten Priel in ganz Ostfriesland 2 std nach Hochwasser bereits auf Schiet. Das seichte Plätschern des ersten auflaufenden Wassers weckt dich hier nachts auf, um im Dunkeln nur eben nochüber die Wasserscheide zu fahren. Mit ordentlicher Lampe angeleuchtet, zeigen die Reflektorstreifen an den Pricken den rechten Weg .

Wenn dann am nächsten Morgen, wie hier die Unterwasserinspektion zeigt, nur noch einen halben Propeller hat, braucht man ein Schiff mit guten Segeleigenschaften, Gottvertrauen und einen funktionierenden UKW-Sender, und noch besser Revierkenntnis. Den Jokel kann man nicht mehr brauchen. Durch die grosse Umwucht schlägt dann das Wellenlager kaputt. Also warten auf den Wind oder Schlepphilfe anfordern? Lieber nicht, wäre peinlich. Schöne Geschichte für die Klugschnacker an Land.

Der Wind ließ sich allerdings 3 Tage zeit. Aber an Bord gibt es immer was zu tun, irgendwas ist immer kaputt, so das es  im Watt nie langweilig wird. Nach 2 Tagen kriegte ich dann noch Besuch von Enten und Seeschwalben.

Enten sind  für den Einhandsegler ein ganz besonderer Begleiter im Wattenmeer, da ihre quakenden Stimmen sehr menschen ähnlich  klingen, man muß nur richtig zuhören.

Übrigen: Alle Enten, auch die unabhängigen freien ..... mögen altes Schwarz-Brot

De Morgenstond heeft Gout in den Mond.   Morgenrot hat Gold im Mund ist im Watt kein blöder Schnack. Wattenfahrt ist Tideabhängig, so daß der Törn-Plan den Wecker manchmal um 500 uhr klingeln läßt. Belohnug ist dann die großartige Mutter  Natur.