Buch Kapitel 6

Knecht Mast Giek und Schwert

Ein klarierter Knecht ist lebenswichtig, wenn man rasch Segel-bergen -wechseln ober -reffen muß. Der Knecht trägt den Giekbaum. Die Giek (Rundholz das über ein frei in alle Richtungen bewegbares Gelenk auf dem Knecht sitzt) )führt das Schothorn des Großsegels.  Auf dem Knecht sitzen die Blöcke der Halsstreckertalie, die nach achtern in die Plicht geführt worden sind, ebenso wie die Dirk, um komfortabel, insbesondere wenn man einhand segelt, aus der Plicht trimmen zu können. Auch der Fockhalsstrecker und den Rollklüver-einholer (unter dem Schanddeck) ist in die Plicht geführt. Der Schothornstrecker wird über eine 2 Scheiben-Talie geführt und auf der Giek- Klampe an BB belegt. Am STB Beleg-nägel für Klau- und Piekfall sowie Klüverbaumfallstrecker. An BB Fock- und Klüverbaumfall. Die Zeiser sind rasch greifbar am Handlauf mit Slipstek fixiert. Am Knecht und an den grossen Boldern (Festmacherklampen) auf dem Vorschiff verhakt sich beim Überstaggehen leicht die vor der Wende nicht belastete (Luv-) Fockschot, wenn sie zuviel lose hatte. Wenn man alleine fährt, macht man diesen Fehler nur einmal.

Der Knecht ist der querverlaufende Holm, hier neu bordeaux rot und noch in Arbeit. Er hat auf jeder Seite zwei Korfijn- bzw Belegnägel.  Auf der Steuerbordseite des Mastkoker sitzt eine Lippklampe, die wir für den Kluiverbaumfallstrecker brauchen. Der alte Knecht war nach 30 jahren unbemerkt durchgerostet, da unter Holz verborgen. Da hier über die Fallen eine grosse Kraft auf die hier eingestanzten Beleg-Nägel einwirken, ist dies eine Stelle die man immer gut im Auge haben muß. Deswegen darf man sie nicht bekleiden. Wir haben mittlerweile eine einzige Segelfall-Winde. Setzen das 40 m2 Gross, bzw die Gaffel immer noch mit Klau- und Piekfall per Hand. Im Gegensatz zu den Jacht-o.Plezierhoogaarzen hatten die alten sprietgetakelten Vissermanhoogaarzen keinen klappbaren Mast, deswegen war nur ein Stummelkoker vorhanden. Die Belegklampen sassen achtern auf der Mastbank. Ein Knecht war nicht notwendig, hätte ebenso wie die Festmacher auf dem Vorschiff beim Netz-aufholen gestört. Da der Mastkoker und Knecht immer sichtbar und augenfällig sind, haben wir sie mit ausgesuchten Hölzern bekleidet. Der Oregonpine-Mast ist stabverleimt. Offenbar unter uv-Licht haben sich die 20 Jahre alten Nähte gelöst, so daß wir 2 m Mast-Topp bis über den Hommer nach abwärts reichend durch Schäften erneuern mußten.

 

 

Roh geschäfteter neuer Masttop, erst 4 dann 8 dann 16 Kanten bis er schließlich rund ist. Dann müssen die Beschläge für die Kranleine, für das Kluiverstag, das doppelt geschorene Kluiverfall, sowie die beweglichen Beschläge für das Piekfall und das Klaufall der Gaffel und schließlich Fockfall und Vorstag angepaßt werden. Dann kommen 7 Schichten Klarlack -Epifanes- und fertig ist der neue Masttop.

 

 

Der Mast ist mit einem 20mm Bolzen im Mastkoker drehbar gelagert. Nach etwas Übung schafft man es alleine, in etwa 30min den Mast zu legen. Da auch der Kluiverbaum gelegt werden muß und der gelegte Großmast den Achtersteven um 6 m überragt, ergibt sich so eine Länge ÜA von 22m, so daß sich der Drehkreis erheblich vergrößert. Man kommt aber mit gelegtem Mast in eine neue Welt, bzw. in die einsame wenig befahrene Welt der kleinen Kanäle und Meere. Die Fock muß ab vom Vorstag, ebenso wie Gaffel und Rackbanden des Großsegels.

 Eine wesentliche Beschleunigung des Mastlegens und Kraftentlastung erreichen wir mit einer Talie auf das hier als Vorstag gesetzte Kluiverfall. Die Talje ist wesentlich wirksamer als Gerrits Arm, da wir sie über die Fockwinsch aus der Plicht auf Spannung bringen können, so daß das Vorstag lose kommt.  Man kann damit völlig entspannt den Splint-Bolzen aus dem so schlapp durchhängenden Vorstagbeschlag aus- und wieder einschäckeln.

Der Giekbaum liegt auf einer festen Baumstütze, auf die ich nie mehr verzichten würde, seit ich viel alleine segele.

Am achterlichen Ende der Giek ist eins der wesentlichsten Trimm-Instrumente zu erkennen: der Schothornspanner.

der das achterliche Ende des Großsegel, das Schothorn und damit das Segel flach trimmt. Das erspart einem häufig das erste Reff, wenn der Wind zunimmt, und zwar Flachtrimmen mit einem einzigen Handgriff aus der Plicht. Er läuft auf einer Schiene, und ist damit variabel einstellbar.

Das Ruder und die Pinne

Das mächtige Ruder hat eine enorme  Bremswirkung, so dass es unter allen Umständen beim Segeln in der Mittschiffslinie stehen muß, wenn man vorne im Feld mitsegeln oder kraftsparend varen will. Guter Trimm ist alles. JOHANNA will mit 2 Fingern geführt werden. Die Haupttrimm - instrumente sind das Schwert, sowie die Wölbung des Grossegel, die Großschot und das Klüversegel. Der Flaggenstock fußt auf dem mächtigen über 100kg schweren Eichenholz-Ruder.

2005 hat die Ruderpinne eine Katze bekommen. Die goldene Farbe, bzw das Blattgold erinnert an unseren ersten gelbgetigerten Kater Amanda. Es gab bei der Namensgebung des sechs Wochen alten Tieres Schwierigkeiten in der Geschlechtsbestimmung. Sein Bruder Fiete Appelschnut war pechschwarz wie das Tuckerboot FIETE, das hier im Museumhafen Övelgönne zu sehen ist. Das hauchdünne zentelmillimeter feine Blattgold ist eine sehr preisgünstige Farbe. Teuer ist nur die Arbeitszeit. Malermeister Adami aus Assel-Barnkrug hatte 4 std angesetzt. Einige Wochen später hat er mir gebeichtet, daß er doch wesentlich länger daran gesessen hat, da seine fünfjährige Tochter in einem unbeobachteten Moment mit der halbfertig angetrockneten Katze zu den Nachbarkindern über die Straße gelaufen und damit beim ersten Mal alles für die Katz war.

Das Seiten-Schwert

Eine der häufigsten neugirigen Fragen im Hafen von Badeorten mit Badegästen aus dem tiefen Festland: Wozu diese Flügel nötig sind. Wenn wir gerade anderweitig mit ölverschmierten Werkzeugen und Händen in der Maschine zugange und entsprechend kurzangebunden sind lautet die Antwort: Zum Fliegen wenn der Wind zu stark bläst. Ordentliche Aufklärung dauert nämlich  mindestens eine Stunde Redezeit.

 

1. Mit Hilfe von Seitenschwertern kann ein Schiff auch in flachen Gewässern auf allen Kursen segeln. Sie ersetzten den Mittelkiel der Hochseeyacht und ermöglichen es auch hoch gegen den Wind an zu segeln, wenn das Schwert tief gesteckt ist. Ein Rundboden braucht einen wirksames Schwert, ein Knickspant fährt allein durch seine Rumpfform kurssabiler am Wind, wie man das an den modernen Vissermanschouwen sehen kann.

2. Mit diesem beweglichen Instrument, das auf JOHANNA an der Abstromkante so scharf wie ein Ritterschwert (wie  auf der legendären Windroos) geschnitten ist, läßt sich auch der Lateralschwerpunkt verändern, d.h. Luv- oder Leegierigkeit beeinflussen. So kann allein durch Schwertaufholen oder Tieferstecken Druck aus dem Ruder nehmen, also gemütlicher Segeln ohne Änderung der Segelflächen vor oder hinter dem Mast bzw ohne Reff. Eine sehr einfache uralte Methode, bzw. TRIMM-Instrument das man bald nicht mehr missen möchte. 

Das Schwert sollte exzentisch über den sogenannten Schwertstern aufgehängt werden, damit es hiermit möglichst lotrecht und tief  fallen kann.  Die neuen gut abgelagerten möglichst knastfreien Eichenhölzer stammen aus der Werft von Martin Skadow, Neuhaus/Elbe. 

Obwohl man in der Jugend schon Thor Heyerdahls  Geschichten über die entscheidende Bedeutung der Steckschwerter für die Besiedlung der riesigen Südsee-Wasserwelt bzw. ihrer Atolle  der gelesen hatte, ist man gleichwohl das erste Mal überrascht, wie leicht man mit einem Handgriff -Schwertfall lösen- z.B. Leegierikeit bei zuviel Vorsegel korrigieren kann. Bei Starkwind (6bft und mehr) und hierdurch zunehmender Luvgierigkeit nimmt man das tief eingestochene Schwert etwas hoch, und verschiebt so mit einem Handgriff den Lateralschwerpunkt nach achtern, um die Luvgierigkeit zu korrigieren.

Ist das Schiff auf allen Kursen und Windstärken Leegierig, so muß das Schwert auf dem Läufer nach vorn (Lateralschwerpunkt des Unterwasserschiff nach vorn vergrößert den Abstand zum Segelmittelpunkt), bei Luvgierig entsprechend nach achtern. Wenn man alleine fährt, muß das im Hafen geschehen.

Das Schwertaufholen geschieht mit einer  Schwertwinde oder ist, wie bei uns, allein mit einer Schwertfall-Talie zu bewerkstelligen. Wenn Kids dabei sind nehmen sie eine freie Schotwinde zu

Anfahrt zur Rumregatta in der Flensburger Förde hoch am Wind. Der Klüverbaumwimpel zeigt den scheinbaren Wind fast in der Mitschiffslinie. Fock und Groß sind flach getrimmt. Das nicht sichtbare, dem Wind abgewandte (Lee-) Schwert tief gesteckt. Es fungiert jetzt als Kiel und ermöglicht JOHANNA eben so hoch bzw. noch ein bischen höher, als die übrigen auf dem selben Bug segelnden Gaffler zu varen. Das hier sichtbare, dem Wind zugewandte (Luv-) Schwert ist aufgefiert, um nach der Wende einfach runterfallen zu können. Das Schwertfall läuft am Schandeck zu einer Umlenkrolle vor der Want. Je tiefer das Schwert eintaucht, desto länger der Weg für das zugehörige Fall.

JOHANNA 2000 mit ihrem Ersten Schwert, schon mehrfach geflickt. Es  wiegt etwa 100 kg. Es sollte an der möglichst immer gut mit Leinölfirnis geschmierten Strijkklamp glatt runter zu gleiten. Die Steichklamp ist zwischen 3-5 grad gegen die Mittschiffslinie abgewinkelt, so daß man hierdurch mit einem Plattboden theoretisch höher als mit einem Kielschiff gegen den Wind segeln kann, da im letzteren Fall der Kiel nur mitschiffs stehen kann.

Im Hintergrund des Bildes ist übrigens das SEMAPHOR an der Alten Liebe in Cuxhafen zu sehen. Es war eins der ersten Wettervorhersagen- besser gesagt Windvoranzeiger für die Elbeausfahrenden Segler. Es wurde im Jahre 1884 errichtet. 1982 verfügte, zum Entsetzen der ganzen norddeutsche Küste, ein (maritim)-kulturloser Beamter aus Bonn ihren Abriß, da "  nicht mehr zeitgemäß! " was glücklicherweise verhindert werden konnte. Unter den Buchstaben B wie Borkum und H für Helgoland fand die christliche Seefahrt eine Lagemeldung über die Windstärke und seine Richtung, die in diesen Ziel bzw Kurs erwartet werden konnte.

HAVARIE

Bei 3 bis 4 m Zee haben wir im Starkwindsommer 2009 erst das stb Schwert und im Spätsommer draußen  auch noch das bb-Schwert  ebenfalls draußen zerbrochen.

2014 Frühsommer   erneuter Schwertbruch in schwerer See vor Helgoland; eine querlaufende 3m Welle schmeißt das 12,5 tonnen schwere Schiff auf das unglücklicherweise  gesteckte Schwert, das mit einem lauten Knall zerbrach und das freie achterliche (am Schwertfall befestigte Teil) gegen den leeseitigen Schiffsrumpf, Ruder und Propeller schleuderte.

Allein segelnd hatte ich einige Mühe den wegen der Beschläge kostbaren Teil zu bergen und so an die Bordwand  geschient in den nächsten Hafen ( PELLWORM)  zu transportieren. Das wertvollste am Seitenschwert sind die Nirobeschläge. Deswegen versucht man den Bruch zu bergen. Die erste Seitenschwert-Havarie passierte mir im Jadefahrwasser unter Wangerooge. Das abgebrochene Ende hing noch am Schwertfall und drohte achteraus schleudernd das Ruder und die Schraube zu demolieren. Also Fall kappen. Schwertbruch ab in 20 m Tiefe

des Jadefahrwasser. Auf eine SECURITE meldung konnte ich verzichten, aber die kostbaren Beschläge waren futsch. Für das neue Schwert fand Martin Skadow erst nach langem Suchen schließlich in Cuxhafen einen geeigneten Schlosser dafür.

 Auf Pellworm festgemacht war wegen eines Fußballspiel der dt. Nationalmanschaft keine Seele im ganzen Hafen, so dass ich das gute Stück mit Hilfe der Kranleine an Deck hieven mußte. Für den Rücktransport in die Werft von Martin Skadow -Neuhaus, Oste- wie ein Päckchen an Deck verschnürt.

Backbord-Schwert in schwerer See gebrochen. Sontag 6. Sept 2009 auf dem Weg von Amrum via Schmaltief zur Elbe.

Nach Abflauen eines 3 Tage-Sturmes, der bis 9bft aus SW blies, sind wir zwischen 2 Tiefs am nächsten Morgen um  7:30 Uhr (nur noch 5-6 bft West) mit dem ersten ablaufenden Wasser von Wittdün aus um die Ecke südwärts los. Mit dem 2. Reff im Groß und großer Fock ging es dann mit karacho (9 Ktn) mit halbem Wind durchs Schmaltief.  Da wir wussten, dass das Schwert wieder in Gefahr war, hatten wir es nur ein Tippje gesteckt, bzw. nur leicht eingetaucht, um keinen Druck im Ruder zu haben. In der Außen-Hever kriegten wir dann Querseen bis zu max 4 m. Den Mehrfach-Bruch im BB-Schwert haben wir erst stunden später in der Elbe bemerkt. Es war im übrigen unsere Rekordfahrt - 10 Stunden von Amrum bis Abbenfleth/Elbe -.

guter Letzt versagte dann auch noch der Jockel vor der Hafeneinfahrt von Abbenfleth,

glücklicherweise vor dem Segelbergen

 2. Malheur:

Jockel ließ sich nicht einkuppeln, da der Propeller blockiert war:

Halbes Fischer- Netz zer-

fetzt in der Schraube.

so das Anlegen unter Segel nötig war

und das Schiff zum Schluß noch ohne Wind beim ersten ablaufenden Wasser dann alleine mit Ruderblatt-Wriggen durch das Abbenfleth-Sperrwerk gequält werden mußte.

 

META v. CRANZ, bzw Manni Becker hat uns schließlich die letzten 100 m an den Steg geschleppt und dann am nächsten Morgen auch noch in mühsamer Arbeit (von einer Schubkarre als Bootsmannstuhl im Klei aus) das Knäul vom Propeller abgeschnitten. Manni verdancken wir auch unsere Anker und Mastlege Winde. Die benötigten Niro-Zahnkränze hat er so genau vermessen, daß wir seit 20 jahren damit keinen Kummer gekriegt haben.

Pinne zerfetzt, mit einer hölzernen Schienung (aus dem Fenderbrett) notdürftig  repariert und mit allen an Bord befindlichen Schraubzwingen stabilisiert. Bauholz, Flacheisen Schraubzwingen, Bohrer, Bohrmaschinen und gut eine sortierte Werkzeugkiste sind in jedem zweiten Hafen von irgend einem Bootsnachbarn immer heiß geliebte Artikel. Manchmal braucht man sie eben machmal auch selber, wie hier zu sehen.

 

DAS WAR DER WIND und nicht die ZEE, der die Fock zerfetzt hat. Der Riss verfäuft zwischen den Nähten, so daß es sich um eine Materialermüdung handelt. Das passierte bei 6bft mitten auf der Ostsee. Glücklicherweise war der Rollkluiver angeschlagen, so daß das Schiff mit einem zusätzlichem Reff im Groß wieder in Segelbalance kam.

Auf der Nordsee hab ich so einen Totalriss auf einem gemieteten Schokker erlebt. Dabei riß der Klüver wie der Vorhang des Tempels von Jerusalem von oben an bis unten aus in zwei Stücke

(Matthäus 27, 51) und war nur mit Mühe zu bergen.