Amrumer FREYheit oder das Glück gehabt zu haben   ausserhalb der Zivilisation aufwachsen zu sein

 

 

Hier bin ich im Eiswinter februar 47 geboren. Als Brennmaterial gab es nur Heidekraut, so dass ich mit Handschuhen auf die Welt kam. Der Frost war so stark, dass die Insel bis mitte März mit Pferd und Wagen über das zugefrorene  Wattenmeer versorgt werden konnte . Tychos Hüss, Norddorf auf Amrum. In lehm gemauertes Friesenhaus, dass von Innen im Winter immer fechte Wände hatte. Öfen gab es nur in der Küche und in der Stube. Das Trinkwasser m usste man mit einer Handpumpe aus dem eignen B runnen holen. Plummskloh im Garten, so dass man im Winter immer Schnell fertig war.

Tycho Ricklefs Hüss  (Tycho hatte keine Angehörigen. Mein Großvater Jan Simon Jannen nahm den alten mittellosen Mann auf Als Dank vermachte er ihm sein Haus)

 

Tychos Hüss ca 1910,   das  später im Sommer von  meiner Oma Ida Brigitta Amanda Jannen bewohnt wurde. Sie war stolz auf ihren Sohn Gerret (1925 in die Staaten ausgewandert) Nach dem Krieg schickte er ihr monatlich 20 Dollar, so daß sie unabhängig war, bzw keine  Badegäste nötig hatte. Nebenan das Geburtshaus von Rulow Wilhelm Peters Austernfischer, Logbuch. Am Horizont Föhr. Das Wasser lief bei HW bis dicht unter das  Dorf. Als kleiner Junge bin ich mit meinem Vater über das zugefrorene Eis nach Föhr gelaufen. Er  hatte einen Handkompass dabei, den er vom Militär mitgebracht hatte, so daß wir auf dem Rückweg abends mit Hand-Kompass Hilfe im aufkommenden Nebel durch die aufgetürmten Eisschollenberge glücklich wieder auf s Land (üb ägg) kamen. Ansonsten hatte er ( im Krieg Stabsarzt und später Generalarzt in der Bundeswehr) nichts Gutes aus dem 2. Welt-Krieg mitgebracht, außer Hepatitis  und Ruhr (Stalingradkessel, ausgeflogen) einem zerschossenem Arm und Granatsplitter in der li Lunge (Monte Cassino), und einem sehr hohen englischen Orden. Wahrscheinlich hatte er einen wieder ausgetauschtem, mutmaßlich kriegsgefangenen ranghohen Engländer behandelt?. Um der Kriegsgefangenschaft zu entgehen meldete er sich freiwillig 45/46 zu einem Himmelfahrt-Kommando als als Flottenarzt: Minenräum-Kommando deutsche Bucht unter englischer Flagge . Am Ende dieses für ihn glücklich verlaufendem Abenteuers klaute er mit Hilfe seiner Sanitäter  das Steuerruder des Minenräumer. Sie schmuggelten es unmittelbar vor der Übergabe auf einer Kranken- Trage  unter einem scheinbar kranken Seemann versteckt  von Bord. Das Ruder hängt heute in unserer Stube. Den rätselhaften englischen Orden samt Urkunde hab ich erst in seinem Nachlass gefunden, so dass ich ihn nicht mehr danach fragen konnte.

 

 

 

 

 

 

 

Meine Mutter , Ische Jan Simonds, wie sie auf Amrum genannt wurde, hier im Alter von 17 Jahren.  Sie wurde von ihrem Vater Jan Simon verhätschelt. Er wollte Sie nicht irgendwohin "INSTELLUNG geben sondern schickte sie nach der Schulzeit im Alter von 17 Jahren zur ihren 19 j älterem Bruder Gerret  (der dort ein DELICATESSEN-Store hatte und als einziger föhramrumer Friese eine Börsenlizenz hatte) in die Staaten nach Brooklyn, wo Sie die Schule besuchte und sich  als selbstbewusste Friesin  weigerte, morgens  zu Schulbeginn aufzustehen um die amerikanische Hymne zu singen.

 

 

Im Krieg übernahm sie den elterlichen Kaufmanns-Laden von Jan Simons in Norddorf; bekam durch nazi-freundliche Denunzianten Ärger mit den Behörden, weil sie verhungerten russischen Kriegs-Gefangenen  Essen raus zur Nordspitze gebracht hatte.

Als eine der wenigen jedermann bekannten Anti-Nazies wurde sie 1946 von den englischen Besatzungsbehörden neben Gustaf Dörsch, Anna und Max Hüttmann und Wille Hölck in den ersten neuen Gemeinderat, per ordre mufti eingesetzt. Sie hielt auch dort ihre Meinung selten hinter dem Berg, so dass sie heutzutage  in einer demokratischen Wahl wohl keine Chance gehabt hätte. Ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein, Mut und Gottvertrauen hat sie weitergegeben, so dass sie mich als 11 jähriger allein von Amrum auf die Reise zum Gymnasium schicken konnte, mit einem Pappschild vor der Brust:" Hannover Hbf, wird dort abgeholt". Ein Anweisung für den Zugschaffner bzw ein Transport wie er damals nicht unüblich war. Sie hatte keinerlei Minderwertigkeitsgefühle. Studierte -Menschen die nicht von ihrer Hände Arbeit lebten, begegnete sie mit Misstrauen, was in ihrem späteren Leben  zu allerlei Konflikten als Ehefrau eines Generalarztes auf der Bonner Bühne führte. Keinen unnötigen Respekt vor Rang und Titel zeichnet viele alten Amrumer aus. Großen Respekt hatte sie nur vor der SEE, die den Frauen ihre Männer nimmt, was eine allgegenwärtige Erfahrung amrumer Frauen war.

1956 Zwerg-Volksschule Norddorf 1.-4. und 5.-9. Klasse jeweils in einem Raum.

Die Großen haben die Kleinen angeleitet und im Winter den Ofen versorgt. Hier lernte man Deutsch. Wichtige Dinge hingegen wurden nur auf Friesisch besprochen,so z.B: gung gau tüss an haale Atj ! wenn Prügel vom Lehrer drohten ( Hol Vater zur Hilfe !). Hinten die Sturmglocke mit Reetmütze, die früher u.a.  im Seenotfall, die Manschaft des Retters alarmierte. Heute nur zu HULKINJ - Jahreswechsel für die Badegäste in Betrieb.

 

 

Oben: heidi blank, monika dietje, erika paulsen, geoline schau, gunda willhun, gükke fisch, uwe decker, willem ruempler, heinzi schuldt. unten: renate peters, kerrin martinen, inge peters, ingke martinen, marlies jannen, knuti görgens(dahinter), gerald dietje, wimme hölk, ,john willhun,  jantje ruth, boynie wolf       Lehrer Herrman Wöbbe und  Achi Paulsen                 beide hatten ein Holzbein

 

Viktor Quedens aufgetakelte Barkasse MÖWE im vereisten Norddorfer Watt. Wir bekamen als Kinder  einen Groschen als Lohn von dem alten Schipper und Strandräuber, wenn wir im Herbst und Frühjahr ins Watt liefen und den Diesel durchkurbelten, damit der Kolben sich nicht festsetzte .Von Frühjahr bis Herbst wohnte er in einer Strandholz-Hütte mit Ofen auf der Odde, wo er Strandholz mit weit sichtbarer Qualm- Wolke verbrannte; heute wird man hier von Vogelschützern weggejagt, wenn man nur über die Dünenkante gucken will. Wenn das Rohr nicht qualmte, war Victor nicht auf der Odde. Seine 3 Schiffe hießen alle MÖWE.

Jens Quedens ist hier der Vormann an Bord. Das Ruderboot gehörte Julus Schau; im Schilf  von Onna Auar-Norddorfer Wattkante- versteckt. Der alte Jul Schau hatte immer einen Priemtaback im Mund, stank deswegen wie eine ebenso alte  ölige Konservendose;  fuhr immer alleine raus ins Watt und verriet nie seine Aal-Angel-Stellen. Nach erfolgreichem Fang ankerte er mehrere Stunden an Plätzen, wo nichts zu holen war, nur um die Anderen zu täuschen. Als junger Mann war Julus lange im Westen der Staten u.a. als Cowboy zugange, konnte gut Pokern und Lasso-werfen, was uns Kindern sehr imponierte. Ordentliche Arbeit (so meine Oma) hatte er nie, war aber wie meine Mutter begnadeter talentierter Kartenspieler.

In der  Nachkriegszeit war die Nordsee-Perle  ein Paradies für uns Kinder. Da die Erwachsenen von morgens bis abends arbeiten mußten, sind wir sozusagen  in freier Wildbahn groß geworden. Bei meiner Großmutter Ida Brigitta Amanda Jannen, geb Quedens konnte ich kommen u. gehen, wann ich wollte.  Am Wochenende kamen Nachbarn aus Nah und Fern zum Vasitt und erzählten Geschichten auf friesisch mit amerikaans vermischt von der großen weiten Welt, die wir als kleine Jungs unter dem Stubentisch mit großen Ohren belauschten. So war unser Nachbar Tewe (Theo) Borg ein besonders spannender Geschichtenerzähler: Er war als Junge to sia. Nach der ersten Kap Hoorn-Rundung mit 4 Mast Vollschiff 1914 vor Chile interniert; abgehauen, in die Anden geflohen, dort in 6000 m Höhe als einziger Weißer in Schwefelmine gearbeitet; erst 1919 vom Kriegsende erfahren; und schließlich mit norweger 3Mast Bark über Australien und Cape Town zurück.  Der ereignisreiche Törn hatte über 7 Jahre gedauert. Inspiriert durch diese und ähnliche Geschichten der Alten hatten wir als kleine amrumer Jungs nie das Gefühl, üb äg (auf der Insel) hinter dem Mond zu leben. Englisch und Spanisch hatte so schon  für uns Insel-Kinder einen vertrauten Klang. Wir wurden allerdings  von  Stadtkindern als Exoten angesehen, die ich später am Kaiser Wilhelms Gymnasium in Hannover kennen lernen musste.

Unsere Küste war für uns Kinder nie  Außengrenze unseres EILANDS. Hinter dem Horizont lag das Tor zur Welt. Alles was irgendwie mit der See, SIA auf friesisch, zu tun hatte war nichts exotisches, erweckte Neugier. Meine Mutter nannte es Fernweh.

Der klare Nachthimmel, das Sternenmeer und die wichtigsten  Bilder war uns im Gegensatz zu den Stadt-Kinden nichts Fremdes.

Mit  Kassiopeia (dem Himmels W) wurde ich schon als 5jähriger von unserem Nachbarn Jan H. Knudten (damals etwa 75j, Steuermann auf.gr.Fahrt) bekannt gemacht bzw belehrt, weil mein Vorname auch mit W anfängt. Behalten hab ich den eigenartigen Klang dieses Himmelszeichen und seine Hintergrund-Geschichte (Sage) über  die nubische Königin, ihren Krach mit Poseidon und den Meerjungfrauen, so Jan Knuten,  weswegen die hübsche Frau Kassiopeia bis zum heutigen Tage die halbe Nacht lang dort oben in der Milchstraße auf ihrem Königs-Thron falsch rum d.h. über Kopf sitzen muß (Jan`s Frau Ingeline war ein fürchterlicher Drachen, so meine Ome Ida; und furchtbar einfältig wie auch ihr schielender Schwiegersohn P.H. mit Holzbein, der dem  erfahrenen Steuermann die Position des Polarstern nicht glaubte. Woraufhin Ingeline kommentierte: Jan swigge stall, dalang as allas öders-Jan sei still, ( heute ist alles anders geworden ). Die sehr anschaulichen auf friesisch und z T auf englisch  vorgetragenen Erlebnisse der weit gereisten See- und Kaufleute aus dem kleinen friesischem Dorf vermittelten uns Kinder Neugier und Respekt vor den Alten. Ihr Selbstbewusstsein färbte  auf uns Kinder ab; hatte einen wesentlich prägenderen Effekt  auf mich als einige Jahre später die honorige Lehrerschaft der altehrwürdigen Bildungseinrichtung wie das (in den fünfziger Jahren stark nazilastige) Kaiser Wilhelms Gymnasium in Hannover. Hier galten See-u. Kaufleute nichts, wie mein erster Deutsch Lehrer Herr Dr Richter dort zu verstehen gab. Dafür gab es eine Ohrfeige, wenn man ihn ohne Doktor-Titel ansprach. Er meinte, amrumer Jungs sollten lieber zur See fahren. In den Augen meiner Oma waren  Autoritäten, bzw anerkannte Persönlichkeiten in erster Linie erfolgreiche Seeleute und Kaufleute, dann kam erst Lehrer und Pastor. Die exotische Insellage, ihre dänische Vergangenheit , weit weg von dem, was heute als  Administration bezeichnet wird prägte uns Kinder.

 

Ap un dünnam

bedeutete für uns Jungs, raus aus dem Dorf, wo die Erwachsenen alles kontrollierten;

weg in die Einsamkeit und

FREYHEIT  der Dünen,

die damals dicht an die westlichen Häuser ran reichten. Gefahr drohte hier nur vom alten  Fiewe Wimme. (F.W. Peters, 3. Haus von re, Onkel von Gükke Fisch) halb blind und  klapperig auf einer hohen Düne sitzend, schoss er mit seiner Schrotflinte auf alles was sich bewegte, auch wenn es kein Kaninchen war. Zur Strafe haben wir in Luv Dünenheide angezündet, so daß er in eine Qualmwolke tauchte und dann wild um sich schoss. Mein Jugendfreund Gükke Fisch (Boyens) wohnte in dem Haus am li Bildrand. Wenn wir ihn zum Spielen abholen wollten, mußten wir ihm erstmal stundenlang beim Krabbenpulen für den elterlichen Fischladen helfen. Seitdem ist mein Verhältnis zu diesen Meeres-Bewohnern mehr als gestört. Sein Großvater Schipper Meike Boyens war eine berühmte Persönlichkeit im Dorf,  hatte viele Talente: Von  hier aus , von der Düne herab verkündete er, Trompete  blasend, allerlei Weissagungen, u.a.  regelmäßig den Weltuntergang. Außerdem hatte er sehr viele Kinder von mehreren Frauen im Dorf ( so meine Mutter), wie es sich für einen ordentlichen Propheten gehört. Meikes heutzutage wieder salonfähige Lebensphilosophie war:" Gift Gott Kinder geft Gott  ok büxsen" zu deutsch: Wenn der Liebe Gott den Frauen Kinder schenkt muss er wird er auch für Unterhalt sorgen. Ansonsten war er  für das Übersetzen vom Hörnumdampfer zur Odde zuständig. Schwimmen konnte er nicht, so daß seine Passagiere (so mein Vater im Winter 1947) sich entkleiden mussten, um das Beiboot wenn nötig vom Muring(Anker)platz zu holen.

 

 

1964 Raubfahrt zur gestrandeten PELLA - Libertyschiff d.h. ursprünglich US-Truppentransporter, schließlich liberianischer Erz- Frachter. Der griechische Kapitän der PELLA-  wähnte sich vor der Elbmündung, und drehte südlich  Amrum nach Osten ein. Die PELLA, hatte im Mahlsand der Westerbrandung keine Chance; brach nach wenigen Tagen in 2 Teile. Sie war sofort nach Ab-bergung der Mannschaft (Harry Tadsen hatte ahnungsvoll gegen den Willen der griechischen Reederei mit seinem Rettungskreuzer BREMEN dicht bei vor Anker abgewartet) sofort Ziel nicht nur amrumer Raubzüge. Obwohl das Wrack von Zoll und Wasserschutz rund um die Uhr bewacht wurde, fanden wir 3 Tage nach der Haverie nur noch wertloses Zeug. Die büsumer Fischer hatten nächtens zuvor schon zugelangt. Als wir die verölte Bordwand auf-enterten, waren  alle wertvollen Navigationsinstrumente sauber abmontiert. Wir wurden natürlich auf dem Rückweg auch gefiltzt, hatten aber bei Annäherung des Zollkreuzers all unser Raubgut über Bord geworfen, bis auf ein Messer, das ich bis heute aufgehoben habe.

Alles verjährt.

Für die nicht ganz so schnellen Föhringer war dann nur noch wertloses Zeugs wie Barhocker übrig.

 

 

Vom Schipper Knut erkennt man nur den Fuß. Pinne und Großschot fährt mein Bruder Jan Simon und linkerhand Holstenbier. Der damals 17 jährige ebenfalls biertrinkende  Autor dieser Seite mußte in Lee vom Mast aus die öl-verschmierte Bordwand des zweigeteilten Haveristen entern. Das Palas-Foto stammt von meiner Agfa-Klack, die der Zoll glücklicherweise auch nicht gefunden hatte.

 

Der Schipper der Raubfahrt stammt aus einer ehrenwerten heiligen nebler Familie, wurde später selber ein sehr angesehener Föhringer (Schulrektor). Wir segeln heute manchmal noch Wettfahrten im Watt aus. Obwohl Knut s neue RÖDE OM viel kleiner ist, kommt er häufig vor mir am Ziel an, da seine Bol  20 cm weniger Tiefgang hat, was im Watt den kurzen Weg bzw 20 min früher um die Odde (Nordspitze)  fahren läßt. Re oben die im Mahlsand auseinander gebrochene Pella.

 

 

 

 

 

Hukka-Höske, zu deutsch viereckiges Häuschen aus Strandholz an der Dünenkante als wetterfester Unterschlupf im Sommer.

Zum Herbst musste man abreissen und das wertvolle Holz am besten vergraben, um es vor den erfahrenen Strandholzsammlern zu schützen. 

Das Dach mit angeschwemmten in  blechernen Eimern heiss gemachtem Teer kalfatert (dicht gemacht)

 

Mein zweites  Hukerhüs 1964 am Quermarkenfeuer an der Dünenkante. 

Den Teer hab ich vom Strand eingesammelt (verklapptes Altöl), dann gekocht, um damit das Dach mit einer TeerSandDünenhalm- Mischung zu kalfatern (Horst auf dem Dach) bzw ab zu dichten.

Das Strandholz wurde uns regelmäßig im Winter von dem alten

Karl Schau- Schollen und Dorsch-

geklaut. Wir haben ihm dafür sein  motorisiertes  Dreirad (Gutbrod)

umgekippt und eine Kartoffel in den Auspuff gesteckt.

Auch der krummbeinige, kurzwüchsige, immer barfüßige Strandkorbvermieter u. Strandräuber Max Sawins.. war einer unserer ärgsten Strandholzkonkurrenten. Da er kein Friesisch verstand, haben wir ihn auf deutsch verhöhnt: Max, du hast Rababerbeene, Hühneraugen, Schweinezähne. Seine Räuberrei haben wir uns mit Teerpappe vergelten lassen. Davon hatte er reichlich, da er sein ganzes Land oben am norddorfer Dorfrand mit Kaninchenställen zugepflastert hatte, die er an Badegäste vermietete. Außerdem hatte er ein Saxophon. Hiermit war er ursprünglich  als fahrender Musikant auf Amrum gestrandet, und schließlich in den Armen seiner Minje gelandet, die er im Alter liebevoll fürsorglich mit seinem Strandkorbwagen ins Dorf transportierte, als  sie wegen Gelenk-Rheuma nicht mehr alleine laufen konnte.

 

1965 drittes Hukkahüs  in  Primärdünen an die Wasserkante versteckt. In den 60ziger Jahren hatte das angetriebene Holz für den Strandvogt seinen Wert verloren, so daß es reichlich  Strandholz für  Hukkahösges gab,  hier in Höhe von Batjestieg bzw. Quermarkenfeuer (fries. letj ialtörn) Süßwasser und Proviant musste ich ziemlich weit schleppen. Pütt un Pan, und was man sonst noch so nötig hatte, außer Mädchen vom Festland, musste man mit Salzwasser sauber halten.

 

 

Die alten Amrumer fuhren meistens zur See oder waren bettelarm, hatten eine Kuh und 10 Hühner. Das karge Land hingegen konnte nur wenige Menschen ernähren. Vogelkoje und Fischfang waren die übrigen Ressourcen. Strandräuberei wurde  bestraft. Bergelohn gestrandeter Frachtschiffe war außerordentlich einträglich.

 

 

Für uns Kinder war es ein besonders prickelndes Gefühl, Strandholz (über 1m lang war es abgabepflichig) am alten Strandvogt Boy Hennerk vorbei, in den Dünen zu verstecken. Strandraub (wir nannten es strunluupen - deut.strandlaufen) war zu keiner Zeit etwas  Unehrenhaftes für die Amrumer, vor allem, als die Westerharde noch dänisch war (Jürgen Rath...doch stehlen können sie meisterlich).  Ab 1869 verlangten die mittlerweile preußischen Beamten  dann ein Drittel vom Bergelohn und wurden damit selbst Teilhaber oder Nutzniesser der Strandräuberei am Gut der Schiffseigner bzw an der Reedereien, wenn es sich um eine Strandung handelte, was neben anderen unangenehmen Eigenschaften der Preußen Ihrem Ansehen bis in die Generation meiner Großeltern sehr geschadet hat.

Ehrenwerter war das Rettungswesen der Amrumer, aufgeteilt in Nord und Süd. Hier die Nord-Station ODDE, hochgezogenes Ruderblatt ohne Pinne, geklinkertes offenes grosses Ruderboot, Back im Vorpiek, 2 Masten, keine  Maschine.

 

 

Erst Ende des vorletzten Jahrhunderts entwickelte sich der Tourismus. Anfangs wurde vom Hörnumdampfer ausgebotet, später gab;s richtige Landungsbrücken in Norddorf und dann wesentlich geschützter am wittdüner Nordstrand. Zuvor war der Wattweg Norddorf-Süderende die Hauptversorgungsader, mit Pferd und Wagen oder zu Fuß. Einmal die Woche fuhr ein Postschiffer Wyk-Wittdün, später dann 2-5x pro Woche eine Fähre.

Dampfer Kaiser an der Hörnumer Landungsbrücke, von hier aus wurden Reisende  nach Amrum ausgebootet zur Amrum-Odde u. a. von Schipper Meike Boyens. Meike konnte nicht schwimmen, hatte dafür nach Aussagen meiner Mutter andere Talente. s. u.

 

Das Rettungsboot- Ruderboot der norddorfer Station (Odde) wurde mit Pferd und Wagen über eine hölzerne Rampe (Lafette) geslippt.  Der Bootswagen hing an einer Winde. DGzRS (deut. SeeNotRettungsGesellschaft) seit 18.10.1867 zunächst am Nebeler Strand eingerichtet (und 2x wegen der Versandung des Kniephafen verlegt, erst nach Batje Stieg  (Hörn) und schließlich nach Norddorf. Die ersten vier Rettungsboote waren Ruder-Segelboote, später bekamen sie einen Hilfsmotor. Die Besatzung bestand aus Freiwilligen. In den Logbüchern u.a. von W .Rulow Peters finden sich allerdings auch Eintragungen mit dem Vermerk Heuer-Retter.

 

 

Der Kniepsand ist heute das touristische Lockmittel. In meiner Jugend war er jenseits der Badestrände so einsam wie hier auf diesem Bild. In ständiger Veränderung durch Wind, Wetter und Sturmfluten heute mit neuen (Primär-) Dünen und  begehrenswertem Strandgut. Nicht nur Holz. Von dem Holz haben wir uns schon als  Kinder Hütten in den Dünen und in der Heide gebaut, was natürlich im obrigkeitshörigen  Nachkriegsdeutschland streng verboten war und zu Verhören beim Dorfpolizisten Schandaram  Hein Biene führte.   Hier Primärdünen vor Wriakhörn, Wittdün.

 

 

 

"Rumpelkammer eines Strandläufers"

1919

 

Johannes Leonhard Matzen s Werkstatt um 1900 (Segelmacher und Takler)  Wittdün; gemalt von Leo s Onkel H. Nachtigal. Ein Großteil der Hölzer sowie der Rettungsring dürften vom Strand stammen.

re unten eine Fisch- Reuse.

Auf der Holzbank allerlei Werkzeuge. Das Bild riecht förmlich nach Leinöl, Holz und Salzwasser-Tang vom Kniep-Sand

 

 

Im Süden der Insel liegt Wittdün. Nachts kann man hier die Kennung  Blk. w. r. 10 s- sehen. Der Leuchtturm von Kampen liegt jenseits der Erdkrümmung (62m hoch), wurde noch vom dänischen König gebaut.

 

 

Das junge Wittdün wurde langezeit von den Norddorfern kaum wahrgenommen, obwohl die BLAUE MAUS, der Tonnenhafen und einiges  Meer  an  Perlen  hier zu Hause sind, von denen die meisten Amrumer  wenig wissen, weil sie nicht  richtig hingucken.

Es hat zu tun mit dem Blau des  Himmels (auf Erden), mit blauen Augen  und mit den strohgelben Farben nicht nur des Strandhafers und der übrigen zierlich zarten Blumen, die hier wuchsen und immer noch wachsen, und auch mit dem 100jahre alten Zwist zwischen den beiden Polen des Eilandes, Nord und Süd, (eigentlich Norddorf und Nebel) , der sich allerdings in der Blauen Maus, wo auch diese Perlen-geschichte vor einiger Zeit anfing, leicht und elegant beilegen ließ.. läßt....................

 

 

 

 

         es gibt noch sehr viel mehr über die Perle zu erzählen;    einiges mehr in Gaffelsegler in Nordfriesland